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Neckar Open 14

Neue Wege für die Neckar-Weinberge

Eigentlich undenkbar, dass Menschen dafür bezahlen, dass sie im Weinberg arbeiten dürfen. Doch in Vaihingen Rosswag hat sich ein Projekt entwickelt, bei dem die Leute mittlerweile Schlange stehen – um im Weinberg zu arbeiten.

Bei diesem Neckar Open stellten drei Experten aus angrenzenden Weinbaugemeinden ihre Strategien zum Erhalt ökologisch so wertvollen und touristisch so reizvollen Steillagenweinberge vor. Die Veranstaltung war wie zuvor mit rund 80 Gästen gut besucht.

Geld bezahlen, um im Weinberg zu schaffen?

Die Mitglieder der Weinbaugenossenschaft in Vaihingen Rosswag waren schon dabei, die Hoffnung für die Trockenmauern in der Rosswager Halde zu verlieren. Die Idee, Laien für die Weinbergarbeit zu motivieren, wurde auch von vielen Genossen als Schnapsidee abgetan. Doch dann gelang es den Weingärtnern mit Hilfe der Bürger, einen aufgelassenen und vom Einsturz bedrohten Weinberg zu erhalten. Dies berichtet Christian Kaiser, Geschäftsführer der WG Lembergerland in seinem Beitrag.

Seit acht Jahren gibt es nun das Projekt „Wengerter für ein Jahr“ in Rosswag. Mittlerweile stehen die Leute Schlange, beziehungsweise auf einer langen Warteliste. Die „Rebenbändiger“, wie sich die Gruppe nennt, nehmen teilweise weite Wege in Kauf, um das Naturerlebnis in den Steillagen zu genießen.

Das Thema Wein, Genuss und Naturerlebnis ist stark mit positiven Emotionen besetzt, ist sich Christian Kaiser sicher. Die Marke Lembergerland ließe sich damit emotional aufladen, was ein wichtiger Faktor für die Marke sei, so der Marketingfachmann.

Emotionen schlugen auch Timo Saier in Stuttgart entgegen, in dem einem Fall allerdings eher der negativen Art. Witterungsbedingt mussten die Weingärtner des Weinguts Stuttgart im Sommer frühmorgens und am Wochenende dem Unkraut mit der Motorsense zu Leibe rücken, berichtet der Leiter des städtischen Weinguts Stuttgart.

„Da habe ich ein paar Freunde verloren“, berichtet Saier, als ihm die Reaktionen der Nachbarn zu Ohren kamen. Einerseits wünscht sich die Stuttgarter Stadtgesellschaft den Pflanzenschutz in den Weinbergen ohne Chemie. Andererseits wolle man am Wochenende, besonders in den schönen Wohnlagen, gerne ungestört ausschlafen und nicht durch die Geräusche der Motorsensen gestört werden.

Timo Saier gehört zu der neuen Generation junger Winzer, die neue Wege nicht nur ausprobieren wollen, sondern diese auch mit Beharrlichkeit gehen. Bevor er vor zwei Jahren nach Stuttgart kam, leitete er lange Jahre ein Bio-Weingut in der Steiermark. Auch wenn das Weingut der Stadt Stuttgart nicht komplett auf Bio umgestellt wurde, werden Strategien gesucht, wie man den Chemieeinsatz im Weinberg vermindern oder vermeiden kann. Weil das Unkrautmittel Glyphosat verboten ist auf städtischen Grundstücken, wird die Unkrautregulierung von Hand durchgeführt. Dies bedeute einen erheblich höheren Aufwand und harte Arbeit, so der Weinbauprofi.

Pilzwiderstandsfähige Rebsorten, sogenannte PIWIS, sind eine andere Möglichkeit, um den Einsatz von Chemie im Wengert zu reduzieren. Sorten wie Cabernet Sauvignon oder andere widerstandsfähige Neuzüchtungen müssen sich beim Kunden allerdings erst einmal durchsetzen. Saier hatte eine feine Weißweincuvee, bei der eine der neuen Sorten mit Riesling verschnitten ist, zur Verkostung für die Ludwigsburger Gäste mitgebracht.

„Wir haben verstanden, dass unser Wein ein erklärungsbedürftiges Produkt ist“, so Saier. Gut angenommen werden demnach Begegnungsmöglichkeiten wie Feste in den Weinbergen, die speziell für ein jüngeres Publikum ausgerichtet sind. Zudem gibt es in der Stuttgarter City für begrenzte Zeit ein Pop-Up-Store, wo man die Weine probieren und kaufen kann.

Neckarschleifen ziehen Kreise nach Ludwigsburg

Wie man sinnvoll und gewinnbringend mit Förderrichtlinien und Verwaltungssvorschriften umgehen kann, davon berichtete Volker Godel. Godel ist Bürgermeister Neckargemeinde Ingersheim. Ingersheim ist mit Ludwigsburg in der Grünen Nachbarschaft verbunden und kooperiert mit weiteren neun Gemeinden der Region in einem Förderprojekt mit dem Namen ILEK Neckarschleifen. ILEK steht für Integriertes Ländliches Entwickelungskonzept und bietet den Kommunen die Möglichkeit, mit Hilfe staatlicher Förderung beispielsweise touristische Angebote zu entwickeln. So wird derzeit in Ingersheim mit der Schlossbergrunde ein neuer Weinwanderweg ausgestattet.

Ein anderes Beispiel für die Inwertsetzung der Landschaft ist die Sanierung der Trockenmauern in den Ingersheimer Weinbergen. Mit dem Geld, das aus Ausgleichsmitteln für die Erschließung eines Gewerbegebiets entstand, konnten die Weinbergmauern von Grund auf saniert werden und sind nun wieder Teil des typischen Landschaftsbildes der Neckargemeinde.

Künftig könnte sich das touristische Angebot der „Neckarschleifen“ gut verbinden mit den Wein-Erlebnisangeboten, die sich derzeit in Ludwigsburg entwickeln. Solche Freizeit- und Erlebnismöglichkeiten, die es ermöglichen, ohne Auto und mit hohem Erlebniswert in der Region unterwegs zu sein, sind in der Region noch ausbaufähig.

Für die musikalische Umrahmung sorgte Volker Luft, der mit einem Schmunzeln Bezug zu den Neckar-Themen nahm. „Saitenweise Bach“ lautete sein Beitrag. Der Ludwigsburger Musiker und Komponist gab Stücke von Bach zum Besten, die er für Gitarre bearbeitet hat.

Project Details

Client : Mit Volker Godel, Timo Saier und Christian Kaiser. Musikalisch umrahmt durch Volker Luft
Date : 02/21/2019
Skills : Neckar Open - Steillagenweinbau, Neckar Open – live
Address : http://www.neckarguides.de

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